Beschluss: Mehrfachbeschluss

Den Mitgliedern des Kreistages liegt zu diesem Tagesordnungspunkt eine Sitzungsvorlage vor. Diese wird ergänzt durch den Antrag von Kreisrat Konrad Eitel vom 29.04.2014. Dieser liegt der Niederschrift als Anlage bei.

 

Landrat Irlinger teilt mit, die Bürgermeister der von den Planungen der Amprion GmbH potentiell betroffenen Gemeinden im Landkreis haben einhellig darum gebeten, dem Kreistag eine Resolution zur Entscheidung vorzulegen, welche sich im Sinne der gemeindlichen Belange mit der Gleichstromtrasse Süd-Ost befasst. Die vorliegende Reolution wurde mit den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden abgestimmt.

 

Landrat Irlinger erklärt, er befürworte weiterhin die von Kreisrat Eitel beantragte Ergänzung der Resolution, die Bayer. Staatregierung nachdrücklich aufzufordern, lokale Initiativen zur regenerativen Energiegewinnung verstärkt zu fördern und den Ausbau der Windenergie nicht weiter zu behindern.

 

In der anschließenden Beratung wird übereinstimmend vorgetragen, es müsse sowohl die Energieversorgung sichergestellt als auch eine vernünftige Umwelt für die Bürgerinnen und Bürger erhalten werden. Der von der Ersatztrassenplanung insbesondere betroffene Regnitzkorridor sei bereits über die Maßen mit der BAB  A 73, dem Rhein-Main-Donau-Kanal, zunehmendem Güterverkehr mit Ausbau der ICE-Strecke und der bestehenden 380 bzw. 110 kV-Stromleitungen belastet. Ein weiterer Einschnitt in den Lebensraum sei der Bevölkerung nicht zuzumuten. Äußerst kontrovers werden jedoch im Zusammenhang mit der von Kreisrat Eitel beantragten Ergänzung die neuesten Entscheidungen der Bayer. Staatsregierung zur Windkraft, insbesondere zur Regelung der Abstandsflächen für Windkrafträder, diskutiert. Die Windkraft selbst wird als wichtiger Baustein der regionalen Stromversorgung  erkannt. Landrat Irlinger erklärt, er wisse, auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Planungsverbandes, dass dieser bereits sehr detailgenau, im Konsens mit den Städten, Märkten und Gemeinden, Gebiete für die Nutzung der Windkraft festgelegt hat. Durch die von der Bayer. Staatregierung initiierte Neuregelung der Abstandsflächen, die sog. 10 H Regel bestehe nunmehr keine Planungssicherheit mehr. Hierfür habe er kein Verständnis und plädiere deshalb für die Ergänzung entsprechend dem Antrag von Kreisrat Eitel. Der Fraktionsvorsitzende der CSU-Kreistagsfraktion Nussel sowie Kreisrat und MdB Müller machen u.a. deutlich, dass die Nutzung der Windkraft nur im Konsens und mit  Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger sinnvoll umgesetzt werden könne. Dieser Konsens sei im Verfahren der Amprion GmbH nicht gelungen und führte auch hinsichtlich der Abstandflächen für Windräder in der Vergangenheit zu erheblichen Akzeptanzproblemen. Mit der jetzigen Regelung werde die kommunale Selbstverwaltung gestärkt, da vor Ort über die Anwendung von Ausnahmen entschieden werden kann.

 

Landrat Irlinger hält klare Vorgaben jedoch für unverzichtbar und spricht sich nochmals für den Ergänzungsantrag aus. Nach Schließung der Rednerliste mit Zustimmung des Gremiums regt Kreisrat Bubel an, die Resolution nicht nur an die Bundesnetzagentur und die Amprion GmbH sondern auch an die Bundesregierung und die Bayer. Staatregierung zu richten. Landrat Irlinger sagt dies zu und lässt anschließend über den Antrag von Kreisrat Konrad Eitel abstimmen, folgenden Passus als Punkt 4 der Resolution zu ergänzen:

 

„4. Die Bayer. Staatsregierung wird nachdrücklich aufgefordert, lokale Initiativen zur regenerativen Energiegewinnung verstärkt zu fördern und den Ausbau der Windenergie nicht weiter zu behindern.“

 

Der Antrag von Kreisrat Eitel wird mehrheitlich mit 36:22 Stimmen mehrheitlich beschlossen.

 

Der Kreistag des Landkreises Erlangen-Höchstadt beschließt die durch den Vorbeschluss geänderte Resolution:

 

1. Die vorgelegten Planungen für einen alternativen Trassenkorridor der „Gleichstromtrasse Süd-Ost“ durch den Landkreis Erlangen-Höchstadt werden abgelehnt.

 

  • Der Landkreis Erlangen-Höchstadt, insbesondere die drei Kommunen Bubenreuth, Möhrendorf und Baiersdorf sind durch eine Vielzahl überregionaler Verkehrswege bereits in ganz besonderem Maße belastet und können keinen weiteren Eingriff dulden. Insbesondere die BAB A 73 mit ca. 65.000 Fahrzeugen pro Tag, die ICE Strecke Nürnberg -Bamberg (einer der meist befahrensten Bahnstrecken Deutschlands), mehrere Staats- und Kreisstraßen, der Main-Donaukanal, sowie zwei bereits bestehende 380 kV-bzw. 110 kV-Leitungen zerschneiden die Gemarkungen der drei genannten Kommunen in einer unerträglichen Art. Ein neuer Einschnitt in diesen Lebensraum durch eine weitere Stromtrasse ist nicht mehr hinnehmbar.

 

  • Die Gemeinden Röttenbach und Hemhofen würden durch den geplanten Verlauf der Alternativtrasse künftig in einer nachhaltigen Dorfentwicklung beeinträchtigt werden, da die Trassenführung die Erweiterungsmöglichkeiten für Wohnbebauung übermäßig stark einschränken würde.

  • Die Gemeinde Heßdorf ist eingebettet in einen intakten Naturraum und geprägt von lndustrie-, Handwerks- und Dienstleistungsbetrieben.  Die Gemeinde Heßdorf müsste im Fall der Realisierung der Alternativtrasse 15.01 und der damit verbundenen “Durchschneidung" explizit der Ortschaft Heßdorf massive Einschränkungen im Hinblick auf ihre Entwicklungsmöglichkeit in Kauf nehmen.

 

  • Die Stadt Herzogenaurach wird ebenfalls von einem Alternativtrassenkorridor der geplanten Gleichstrompassage Süd-Ost in mehreren Ortsteilen tangiert. Auf einen ausreichenden Abstand zum Schutz der sensiblen Wohn- bzw. Mischgebiete wird ausdrücklich hingewiesen.

 

  • Von der Trassenführung sind mehrere kommunale und regionale Planungen betroffen: Im Südosten des Stadtgebietes ist eine Süd- und Ostumfahrung Herzogenaurachs geplant. Insbesondere der östliche Teil des geplanten Straßenbauprojektes, der in der 1. Priorität im Straßenausbauplan des Freistaates Bayern liegt, und im Rahmen einer Übertragung der Straßenbaulast auf die Stadt Herzogenaurach zeitnah in die erforderlichen Verfahren (Raumordnungsverfahren, Planfeststellungsverfahren) gebracht werden soll, ist betroffen. Hier wird vor allem auf einzuhaltende Abstände zu den Leitungsmasten verwiesen.
    Ebenfalls im Südosten des Stadtgebietes sind im Grenzbereich zu den Nachbargemeinden Obermichelbach und Erlangen die im Regionalplan Industrieregion Mittelfranken dargestellten Vorbehaltsgebiete für Windkraftanlagen WK 16 und WK 57 betroffen. Hier sind ebenfalls rechtlich festgelegte Abstände einzuhalten.
    Südlich von Haundorf kreuzt die geplante Stadt-Umland-Bahn, die von Erlangen nach Herzogenaurach führen soll, die Autobahn A 3. Die Querungsmöglichkeiten der regional überaus bedeutenden Nahverkehrslinie werden von der Alternativtrasse der Gleichstrom-Höchstspannungsleitung entlang der A 3 unmittelbar tangiert.
    Schließlich wird auf die hochwertigen Grünräume und Waldgebiete im Umgriff der bestehenden Hochspannungsleitungstrasse verwiesen sowie auf die weitere Zerschneidung des sensiblen Talraumes der Aurach und anderer Biotopstrukturen, insbesondere eines wertvollen Biotopkomplexes südlich von Niederndorf, durch die geplante Alternativtrasse.

2. Die Bundesregierung, Bundesnetzagentur und die Bayerische Staatsregierung werden aufgefordert,

 

  • die Notwendigkeit der „Gleichstromtrasse Süd-Ost“ im Hinblick auf bereits im Bau befindliche bzw. geplante Lückenschlüsse im Stromübertragungsnetz sowie den Einsatz neuer Technologien einer erneuten Prüfung zu unterziehen und den sofortigen Stopp der Planung einzuleiten.

 

  • im Sinne einer dezentralen Energieversorgung in Bayern zu versuchen, an den bestehenden Netzknoten (Umspannwerken und Kraftwerksstandorten) die notwendige Reserveleistung zu installieren. Damit bleibt die energiewirtschaftliche Wertschöpfung mit all den Vorteilen für die Kommunen in den Regionen.

 

3. Der Vorhabenträger Amprion GmbH wird aufgefordert,

 

  • bis zum Abschluss einer erneuten grundsätzlichen Überprüfung der Notwendigkeit einer Gleichstrompassage von seiner Antragstellung auf Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur abzusehen. Der andernfalls erzeugte Zeitdruck ist für Bürger und die beteiligten Kommunen nicht vertretbar. In diesem Zusammenhang wird nochmals die mangelnde Transparenz der Informationspolitik kritisiert, insbesondere dass die politischen Mandatsträger vorab nicht ausreichend von dem Vorhaben in Kenntnis gesetzt wurden.

 

4.    Die Bayer. Staatsregierung wird nachdrücklich aufgefordert, lokale Initiativen zur   regenerativen Energiegewinnung verstärkt zu fördern und den Ausbau der Windenergie nicht weiter zu behindern.

 

Der Landrat und die Verwaltung werden beauftragt, die Haltung des Kreistages der Bundesregierung, der Bayerischen Staatsregierung, der Bundesnetzagentur sowie dem Vorhabenträger zu übermitteln.

 

Abstimmung: einstimmig beschlossen                      Ja: 58 Nein:0 Anwesend: 58