Beschluss: mehrheitlich abgelehnt

Abstimmung: Ja: 14, Nein: 37, Anwesend: 51

Den Mitgliedern des Kreistages liegt zu diesem Tagesordnungspunkt der Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 14.11.2022 vor. Dieser ist der Niederschrift nochmals als Anlage beigefügt.

 

Landrat Tritthart berichtet über die Vorberatung des Antrages in der Sitzung des Bauausschusses am 14.12.2022, die im Ergebnis zu einer Änderung des Beschlussvorschlages führte.  Dieser lautet demnach „Die Verwaltung wird beauftragt, bei der Planung des Neubaus des Landratsamtes in Höchstadt eine BNB-Zertifizierung, eine QNG-Zertifizierung oder ein aktuell vergleichbares Zertifikat zu berücksichtigen“. Der Beschlussvorschlag wurde in der Sitzung des Bauausschusses am 14.12.2022 mehrheitlich mit 3:14 Stimmen als Empfehlungsbeschluss an den Kreistag abgelehnt.

 

In der anschließenden Beratung verweist Kreisrätin Dr. Kreitz auf die bereits vorhergehenden Beratungen im Bauausschuss zum Thema nachhaltiges Bauen und betont, für wie enorm wichtig sie dies für den Klimaschutz und für die Zukunft hält. Klimaschutz lasse sich nur gemeinsam und mit Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen realisieren. Dies reiche von der Selbstverwaltung, der Entscheidung des Einzelnen bis hin zu gesetzlichen Vorgaben. Der erstmalige Antrag der Kreistagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 16.09.2021 zielte auf eine freiwillige Selbstverpflichtung des Landkreises zur Zertifizierung Nachhaltiges Bauen für kommunale Bauprojekte ab. Wesentliche Gegenargumente seien damals gewesen: dies verursache zu viel Bürokratie, das dadurch verbundene Maßnahmenkorsett sei nicht immer sinnvoll, nachhaltig Bauen könne auch ohne Plakette erfolgen, man wisse nicht welche Kosten damit verbunden wären. Ein geeignetes Zertifizierungsverfahren für den Neubau der Dienststelle des Landratsamtes in Höchstadt a. d. Aisch, wie vorliegend beantragt, zu finden und zu berücksichtigen, würde dagegen bedeuten, dass an diesem Modellprojekt exemplarisch der gesamte Bauprozess, von der Planung bis zur Fertigstellung, unter den verschiedenen Aspekten des nachhaltigen Bauens untersucht und bearbeitet wird. Ein Zertifizierungsverfahren könne als Leitfaden dienen mit einem objektiv überprüfbaren Ergebnis. Architekten die nachhaltig bauen würden sich an solchen Leitfäden orientieren. Dies sei eine Zusatzkompetenz, die nicht alle Architekturbüros nachweisen können. Eine Zertifizierung würde ein Projektmanagement für nachhaltiges Bauen ermöglichen und nicht lediglich zusätzliche Bürokratie verursachen. Der Blick auf die Kosten sollte auf den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes ausgeweitet werden. Kreisrätin Dr. Kreitz betont, nicht die Zertifizierungsplakette sei das Entscheidende, sondern der Gesamtprozess, ähnlich einem Biathlonwettbewerb. Hier gehe es auch am Schluss um die Leistung des gesamten Teams. Sie plädiert daher nochmals nachdrücklich, den Neubau der Dienststelle des Landratsamtes in Höchstadt a. d. Aisch als Modellprojekt mit einem frei wählbaren Zertifizierungsverfahren zu realisieren. Ob BNB-, QNG-, ein europäisches Verfahren oder ein eigenes bayerisches Verfahren könne noch geprüft werden. Konkret sollte ein Architekturbüro über die Kompetenz zur Durchführung eines Zertifizierungsverfahrens verfügen. Wenn am Ende eine Plakette nicht sinnvoll sei könne auf diese auch verzichtet werden. Im weiteren Fortgang begründet zunächst Kreisrätin Enz warum aus ihrer Sicht eine Zertifizierung nicht erforderlich ist und zählt hierfür verschiedenen Aspekte auf, insbesondere einen höheren Kosten- und Zeitaufwand. Sie spricht sich deshalb dafür aus, zunächst zu definieren, was Nachhaltigkeit überhaupt heißen soll. Auf dieser Basis könne dann ein eigener Kriterienkatalog aufgestellt werden. Effizient nachhaltig bauen könne der Landkreis auch ohne Zertifizierung. Kreisrat Reichelsdorfer verweist nochmals auf das eindeutige Meinungsbild aus der Sitzung des Bauausschusses am 14.12.2022 und trägt vor, es sei fraglich, ob sich die Zertifizierung aus Gründen der Praktikabilität und Messbarkeit überhaupt auf ein Landratsamtsgebäude übertragen lasse. Es gebe aus seiner Sicht ein Zertifikatsunwesen, das auch dann gelte, wenn es von staatlicher Seite gefördert werde. Der Fraktionsvorsitzende der CSU-Kreistagsfraktion, Kreisrat Nussel, verweist auf das kürzlich im Landtag beschlossene Klimaschutzgesetz. Auf dessen Basis werde nun, voraussichtlich bis Mitte nächsten Jahres, eine Umweltrichtlinie erarbeitet. Diese staatliche Richtlinie werde auch hinsichtlich einer Lebenszyklusanalyse Vorbildfunktion für die Kommunen haben. Er plädiere dafür, nicht vorschnell zu beschließen, sondern bis dahin abzuwarten, um dann gemeinsam zu handeln. Kreisrat Dr. Hacker erklärt für die SPD-Kreistagsfraktion, es sei wichtig, sich in jedem Einzelfall, statt mit einer komplexen Zertifizierung, genau mit den Architekten auseinanderzusetzen. Dafür biete sich aktuell bereits der Neubau des Emil-von-Behring-Gymnasiums an. So könne im Lauf der Zeit ein Leitlinienkatalog erarbeitet werden. Höhere Kosten von rund 10 % bis 20 % wären problemlos zu akzeptieren, wenn diese im weiteren Lebenszyklus des Gebäudes vielfach eingespart werden könnten. Für die Fraktion der Freien Wähler stimmt deren Vorsitzender, Kreisrat Fischkal, den Vorrednern zu und erklärt, für ein ressourcenschonendes Bauen brauche es kein Zertifikat. Kreisrat Reinhart plädiert für die LÖP dem vorliegenden Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zuzustimmen. Auf Freiwilligkeit zu setzen sei keine zielführende Grundlage. Bei der Ausschreibung sollten die Architekten wissen, worauf es ankommen soll. Der Vorschlag eine Zertifizierung mit einem Modellprojekt durchzuführen sei sehr gut und sollte unterstützt werden. Kreisrat Dr. Körner verweist auf die im Bauausschuss am 14.12.2022 von ihm vorgetragenen Kompromissvorschläge und teilt mit, er könne sich nach wie vor vorstellen, im Vergabeverfahren nachhaltige Kriterien vorzugeben und diese z.B. mit 15 % Gewichtung in der Angebotswertung zu berücksichtigen, unabhängig von einer Zertifizierung. Eine vorherige Festlegung auf einzelne Zertifikate halte er nicht für sinnvoll. Kreisrätin Dr. Kreitz erklärt, dies sei im Gesamtprozess des nachhaltigen Bauens enthalten. Wie von Kreisrat Dr. Hacker vorgeschlagen, sehe auch sie die Möglichkeit, bereits am Beispiel des Emil-von-Behring-Gymnasium mit Architekten ins Gespräch zu kommen, die bereits Erfahrungen mit BNB-Kriterien in Planung und Ausführung haben. Inwieweit diese Erkenntnisse für Leitlinien dienen, um ein objektiv nachprüfbar nachhaltiges Gebäude zu realisieren, müsse dann im Vergleich zu den bereits bestehenden Zertifizierungsverfahren überprüft werden. Kreisrat Günter Schulz erklärt, ressourcenschonendes Bauen im Bestand sei seiner Ansicht nach wichtiger als nachhaltiges Bauen. Dies würde dem Klimaschutz mehr dienen. Landrat Tritthart erwidert, aus diesem Grund habe sich der Kreistag auch intensiv mit der Frage Sanierung oder Neubau des Emil-von-Behring-Gymnasiums, des Hallenbades und der Dreifachsporthalle in Spardorf sowie für das Jugendcamp in Vestenbergsgreuth auseinandergesetzt. Dies wird in jedem Einzelfall von den Architekten sorgfältig abgewogen. Das Emil-von-Behring-Gymnasium sei jedoch nicht Gegenstand dieses Tagesordnungspunktes. Auf Nachfrage von Kreisrat Dr. Hacker, ob nun Gespräche mit den Architekten des Emil-von-Behring-Gymnasiums geführt werden, erklärt Landrat Tritthart, Gespräche mit Architekten seien immer möglich. Kreisrätin Dr. Kreitz teilt daraufhin mit, sie nehme den Antrag zurück, wenn der Vorschlag von Kreisrat Dr. Hacker aufgegriffen wird und exemplarisch in diesem Sinne Gespräche mit den Architekten des Emil-von-Behring-Gymnasiums geführt werden. Landrat Tritthart macht nochmals deutlich, dass nicht das Emil-von-Behring-Gymnasium Grundlage dieses Tagesordnungspunktes ist und für die Antragsrücknahme keine Bedingung vorgegeben werden sollte. Im weiteren Verlauf wird die sofortige Abstimmung über den vorliegenden Antrag gefordert, dem auch Kreisrätin Dr. Kreitz ohne weitere Einwände zustimmt.

 


Landrat Tritthart verliest nochmals den Beschlussvorschlag und lässt darüber abstimmen:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, bei der Planung des Neubaus des Landratsamtes in Höchstadt eine BNB-Zertifizierung, eine QNG-Zertifizierung oder ein aktuell vergleichbares Zertifikat zu berücksichtigen.