Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Herr Staatsminister Herrmann,

Landrat Tritthart, stv. Landrat Nowak aus Tarnowskie Góry, Landrat Heller aus dem Saale-Holzland-Kreis,

sehr geehrte Kreisrätinnen und Kreisräte,

lieber Altoberbürgermeister Dr. Hahlweg,

liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ehemalige wie aktive.

 

 

Ich bedanke mich für die Möglichkeit einige Worte des Dankes, der Anerkennung und auch einige grundsätzliche Gedanken, die mich in letzter Zeit beschäftigen, äußern zu können. Landrat Tritthart hat mir freundlicherweise 15 Minuten Zeit dafür eingeräumt.

 

Herr Staatsminister Joachim Herrmann hat bereits in seiner Festrede sehr interessant über die Gebietsreform 1972 berichtet, die auch aus meiner heutigen Sicht gelungen ist und wichtig war.

 

Rückblickend kann ich dazu eine kleine Anekdote beitragen, war ich doch damals bei den Jusos aktiv. Wir haben Landrat Dassler eben wegen jener Gebietsreform zum Rücktritt aufgefordert. Daraufhin gab es einen öffentlichen Aufschrei, dass es nicht gut ist, unsere Kinder solchen Lehrern auszusetzen. Wegen des öffentlichen Trubels haben wir uns mit einem Mediator zusammengesetzt und uns ausgesprochen. Soviel zur Gebietsreform.

 

Dankbar blicke ich zurück auf die Zeit als „roter Kormoran“. Wenn ich jedoch heute gefragt werde, wie viele der guten Aischgründer Karpfen ich noch verspeise, so muss ich gestehen, dass ich nur noch 4 bis 5 pro Saison schaffe, statt 110 wie in früheren Zeiten.

 

Ich sage von Herzen, im Sinne von Versöhnung, einen schönen Gruß nach Polen. Die Partnerschaft mit unserem polnischen Partnerlandkreis Tarnowskie Góry habe ich sehr gerne gefördert und gepflegt. Ich schaue jedoch auch mit Sorge auf die jetzige polnische Regierung, die überall Rechte einschränkt und auch nicht mehr so viel Geld für die deutschen Minderheiten zur Verfügung stellt.

 

Ich grüße sehr herzlich Herrn Landrat Heller aus dem Saale-Holzland-Kreis. Der Partnerlandkreis in Thüringen hat eine sehr erfolgreiche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten durchgemacht und stärkt uns heute alle hier mit Thüringer Rostbratwürsten.

 

Ich danke allen Kreisrätinnen und Kreisräten und Landrat Alexander Tritthart für den Beschluss mich mit dem Ehrenzeichen des Landkreises zu würdigen. Ich danke allen übrigen Beteiligten und ich wünsche Thomas Fink auf diesem Wege gute Besserung. Er kann heute aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend sein.

 

Ich danke für die Laudatio, alles war richtig, sehr berührend und Sie, Landrat Tritthart, sind so ausführlich auf die 12 Jahre meiner Amtszeit eingegangen. Ich freue mich sehr und empfinde es als Ehre hier zu stehen und bin ein Stück weit auch Stolz.

 

Zunächst war es allerdings Landrat Franz Krug, der den Landkreis Erlangen-Höchstadt geprägt und in vielen Bereichen z.B. Schule, Abfall und Verkehr in eine neue Zeit geführt hat. Er war für mich damals politischer Gegner. Unser Verhältnis hat sich im Lauf der Zeit gewandelt und war getragen von Respekt und Wertschätzung. Im gemeinsamen Ruhestand waren wir uns sehr freundschaftlich verbunden. So bedauere ich heute, dass Frau Inge Krug leider nicht hier sein kann.

 

Ich möchte Danke sagen, dafür, dass meine Zeit als Landrat des Landkreises Erlangen-Höchstadt heute mit der Verleihung des Ehrenzeichens und in dieser feierlichen Form gewürdigt wurde. Doch ich habe dies alles nicht alleine geschafft. SPD-Landrat in einem CSU-Landkreis zu werden, das ist nicht selbstverständlich gewesen. Dafür, dass ich in dieses Amt gehoben wurde, danke ich allen meinen Parteifreundinnen und Parteifreunden.

In den 12 Jahren meiner Amtszeit habe ich sehr viele Aktivitäten angesetzt, auf die Landrat Tritthart in seiner Laudatio bereits vielfältig eingegangen ist. Dies konnte ich alles nur mit Hilfe aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bewältigen und jede/r Einzelne von Ihnen hat zum Gelingen beigetragen. So waren es wunderbare schöne Jahre und nach nunmehr 8 Jahren im Ruhestand ist es heute ein schöner Tag hier im Landratsamt.

 

Mein Verständnis von politischem Handeln für diese 12 Jahre als Landrat war von dem Leitgedanken geprägt: „Nach meiner Amtszeit muss es den Menschen besser gehen“. Ich denke schon, dass es mir gelungen ist. Ich habe den Landkreis neu ausgerichtet, in allen Bereichen für die Zukunft einen Grund gelegt, so dass diese Strukturen weiterhin Standard und Stärken unseres Landkreises sind.

 

Wir alle gehen davon aus, dass es mit dem „immer besser“ weitergeht. So war auch meine Interviewfrage für die Chronik: „Wie sehen Sie den Landkreis in 50 Jahren?“ Ich meine, die gute Ausgangslage bleibt. So wie es 2007 in Focus-Money zu lesen war: „ERH wirtschaftlich und zukunftsfähigster Landkreis in Deutschland“.

 

Aber: Gilt das noch nach der ausgerufenen Zeitenwende? Kommen auf die jungen Leute, auf die nächste Generation, nicht immense Lasten zu: Finanzkrise, Schuldenlasten, Rentenloch, kaputte Umwelt und und und?

 

Die Menschen fragen sich,

 

  • was werden die Folgen von Putins mörderischem (für viele Jahre dauernden?) Krieg, für unser Leben, unseren Lebensstandard sein?
  • wann wird endlich ernsthaft der Klimakatastrophe begegnet (schlimme Meldungen kommen täglich: heißester Juni, Marmolata-Gletscher)?
  • wie werden die Folgen des Klimawandels mit Dürre, Fluten, Ernährungskrisen, unser Dasein beeinflussen.
  • Die jungen Menschen haben Angst. Ich habe es erst gestern aus einer Umfrage gelesen?
  • betroffen sind viele Menschen von der wachsenden Armut. Jedes 5. Kind in Deutschland, weltweit milliardenfache Armut.
  • wann geht die Politik an die Ursachen? Oder bleibt es bei der Oligarchendiktatur, die nur Profitmaximierung kennt?
  • die jungen Leute sehen, dass der hungernde Teil der Weltbevölkerung wieder größer wird. Alle 5 Sekunden stirbt ein Kind.
  • können wir weiter zuschauen beim Elend der Flüchtlinge, 100 Millionen! Die Brüsseler Flüchtlingspolitik halte ich für Europas Schande.

 

Natürlich beschäftigt die Menschen auch die Gesundheit. Auch hier haben junge Menschen Angst. Wann endet Corona? Wird es gar nicht aufhören mit der Pandemie?

 

Aber auch: Wann bekommen wir es hin mit der Erzeugung und dem Umgang von Lebensmitteln?

 

Irgendwie hängt alles miteinander zusammen. Und über allem die Frage: Wie geht es mit der Demokratie weiter? Nach über 70 Jahren Grundgesetz, das uns Freiheit, Sozialstaat und das Recht auf Menschenwürde gebracht hat, fragen viele und es treibt auch mich um: Was wird aus unserer Demokratie?

 

Ich sehe nicht zu unterschätzende Gefahren für unsere Demokratie:

 

  • Immer mehr Hass auf Politikerinnen und Politiker und Politikverachtung insgesamt. Was ist, wenn die Verachtung zum Aufstieg der Verächter führt?
  • Die größer werdende Schere zwischen reich und arm. Ich meine: Armut ist auch Armut an Demokratie. Ohne Weiterentwicklung des Sozialstaates ist der innere Friede gefährdet.
  • Und da ist die große Gleichgültigkeit! Dazu nach Heribert Prantl: „Extremismus und Nationalismus sind die Pest; Fatalismus und Gleichgültigkeit die Cholera“.
  • Wir erleben wachsenden Rechtsextremismus, der die Abschaffung der Demokratie verfolgt.
  • In die Welt geschaut: Werden die Autoritäten, die Autokraten, die Despoten (Putin habe ich schon genannt) immer mehr? Ich nenne nur Orban, Erdogan, Trump, China, Nordkorea und vieles mehr.

Was ist zu tun? Da wird geantwortet: Die Zivilgesellschaft soll wach werden, Unruhestifter sein, um die Demokratie zu stärken, Demokratie ist kein fester Zustand und wir schauen auf Berlin, Brüssel, Washington – auf die große Politik und ich sage noch einmal nach Heribert Prantl: „Die große Politik ist das eine. Aber die hohe Schule der Demokratie ist die Kommunalpolitik“. Allein schon die Grundaufgabe der Daseinsvorsorge wie Energie, Wasser, Verkehr und vieles mehr und deren gute Lösungen in einer Stadt und Gemeinde, dieses Funktionieren ist auch eine Stärkung der Demokratie. Und eine achtsame Kommunalpolitik – so wie hier auch im Landkreis Erlangen-Höchstadt –

 

  • versucht dem Klimawandel entgegenzusteuern,
  • denkt an soziale, günstige Wohnungsbaualternativen,
  • sieht auch in ländlichen Räumen den ÖPNV und die Infrastruktur in den Dörfern als Politik für die Bürgerinnen und Bürger,
  • sorgt für viele beste Schulen als gute Startchance ins Leben für junge Menschen,
  • erkennt, dass mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Diskussion und Lösung hochdemokratisch ist,
  • ergreift örtliche Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus.

 

Für diese demokratie-aktive problemnahe Kommunalpolitik braucht es Kommunal-politikerinnen und Kommunalpolitiker. Doch überall ist zu lesen, dass diese immer schwerer zu finden sind. Denn mit dem Bröseln der Demokratie wollen sich immer weniger Menschen in Parteien engagieren, nicht auf Listen oder als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kandidieren. Aber die Demokratie, die Kommunalpolitik braucht Persönlichkeiten, auch Originale, die verlässlich Verantwortung übernehmen, die verwurzelt sind im Ort, die Kümmerer sind, die Bezug zu den Menschen haben. Und die kommunale Demokratie braucht Menschen, die sich auseinandersetzen wollen, die leidenschaftlich und hart streiten, aber dann zum Kompromiss fähig sind oder die Mehrheitsentscheidung akzeptieren.  So gesehen ist Kommunalpolitik demokratische Basispolitik, mit der Menschen auf Schritt und Tritt das eigene Leben gestaltet sehen.

 

Im Zusammenhang mit diesen Demokratiekrisen wird oft von Spaltung der Gesellschaft geredet. Wir brauchen dies nicht unterstreichen, aber wir wissen, was gemeint ist.

 

Und wir fragen uns: Was bringt uns zusammen? Da erinnere ich mich an meine jahrelange Veranstaltungsreihe mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Vertretern aller Religionen, Politikerinnen und Politikern, die ich überschrieb „Was hält uns zusammen?“. Ist es

 

  • die Religion? Eher nein, alle Religionen, sagt der Dalai Lama, bergen ein Gewaltpotential in sich. Wir brauchen da gar nicht in die Geschichte schauen: In den USA sind es u.a. die Evangelikalen, die liberale Rechte abbauen wollen und damit Gräben ziehen.
  • die Kirche? Eher nein, manche sehen schon das Ende der Volkskirchen angesichts von Missbrauch, Vertuschen, Vertrauensverlust, Reformunfähigkeit.
  • die großen Organisationen? Schwierig, weil sie doch mit starkem Mitgliederschwund zu tun haben.

Aber was dann?

Viele sehen den Kitt der Gesellschaft im Ehrenamt, das ja auch landauf, landab, auch im Landkreis Erlangen-Höchstadt, unterstützt und gefördert wird, weil es Gemeinsinn und Gemeinschaft bedeutet und vom Gedanken gelenkt wird „ich nehme nicht nur, ich gebe auch“. Ich finde es richtig und wichtig, nur darf das Ehrenamt nicht als Füllsel von fehlender staatlicher Tätigkeit gedacht sein.

 

Ist es die ethische Vernunft, die das Bewusstsein des Gemeinsamen fördert und nicht ständig das Trennende hervorhebt. Die nicht nur Menschenrechte, sondern auch Menschenpflichten kennt. Die Vernunft sagt: Meine Freiheit zählt nicht mehr als Deine Freiheit. Eine ethische Vernunft, die uns vielleicht überzeugt: Die Freiheit aller ist künftig nur durch teilweisen Verzicht möglich.

 

 

Für mich gibt es für das friedliche Zusammenleben einen einfachen Spruch, in allen Religionen zu finden, umgangssprachlich so:

 

„Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinen anderen zu“.

 

Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, einige Gedanken zu meinen Lebensthemen loszuwerden. Ihnen allen Glück auf, Gesundheit und Erfolg!“