Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 54, Nein: 0, Anwesend: 54

Den Mitgliedern des Kreistages stehen zu diesem Tagesordnungspunkt umfangreiche Sitzungsunterlagen zur Verfügung.

 

Landrat Irlinger erklärt eingangs, die seit fast 30 Jahren geführte Diskussion über den Bau einer Stadt-Umland-Bahn (StUB) habe nun einen Stand erreicht, in dem die StUB realistisch werden könnte. Für den Landkreis Erlangen-Höchstadt und die Region biete sich nun die Chance, einen bedeutenden Beitrag zur Lösung der bestehenden und künftigen Verkehrsprobleme zu leisten. Für Euphorie und Träumereien gebe es dennoch keinen Anlass. Eine Entscheidung in dieser Dimension erfordere die genaue Prüfung der Fakten und der gegebenen Voraussetzungen, insbesondere auch in finanzieller Hinsicht. Die aus dem Projekt resultierenden erheblichen und dauerhaften Kosten müssten im breiten Konsens akzeptabel sein.

 

Landrat Irlinger führt aus, dass die bisher geführten Gespräche mit den beteiligten Städten Nürnberg und Erlangen noch zu keinem gemeinsamen Ergebnis geführt haben. Aus diesem Grund schlage er vor, noch bestehende Fragen und Sachverhalte zu klären und die konkrete Beschlussfassung über die Antragstellung zum GVFG-Bundesprogramm im September zu treffen.

 

Im Mittelpunkt aller Fragen stehen dabei die Kosten des Projekts. Diese belaufen sich auf insgesamt 365 Mio. €. Für den Landkreis habe der Kreiskämmerer die finanziellen Auswirkungen klar, überzeugend und transparent dargestellt. Daraus wird ersichtlich, dass bei einem Finanzierungsanteil des Landkreises in Höhe von 58 Mio. € von 4 Punkten der Kreisumlage gesprochen wird. Die ordnungsgemäße Erfüllung aller Aufgaben des Landkreises, angefangen von weiteren Verkehrsverbesserungsmaßnahmen im Bereich des ÖPNV bis zum Neubau des Landratsamtes sowie die enge finanzielle Lage verschiedener Landkreisgemeinden, erfordere eine deutliche Reduzierung der jetzt bekannten Belastungen aus dem Gesamtprojekt StUB. Bereits heute liegen von verschiedenen Bürgermeistern Schilderungen vor, in denen mit großer Ernsthaftigkeit und überaus deutlich dargestellt wird, welche konkreten Auswirkungen die zusätzliche finanzielle Belastung für einzelne Gemeinden haben würde. Diese seien für die Bürgerinnen und Bürger, insbesondere abseits von der StUB Trassenführung, dort vor Ort, nicht vermittelbar.

 

Um das Projekt auf den Weg zu bringen, müsse über die Kostenverteilung intensiv gesprochen und eine nachhaltige Reduzierung der Kosten für den Landkreis mit allem Nachdruck weiterverfolgt werden. Hierfür gebe es mehrere Ansatzpunkte.

 

Zwar sei in Berlin und München die Forderung eine Förderung des Projekts in Höhe von 90 % zu erreichen, abgelehnt worden, das Land habe jedoch einen Spielraum bei der Vergabe von Regionalisierungsmitteln. Möglicherweise könne auf einen Vergleichsfall Bezug genommen werden. Darüber hinaus müsse über das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr, Infrastruktur und Technologie eine Prüfung veranlasst werden, inwieweit bzw. unter welchen Maßgaben die bisher als nicht förderfähig eingestuften Trassenteile dennoch als Infrastrukturmaßnahme gefördert werden können. Eine Förderung des Gleiskörpers auf der Straße würde einer Reduzierung der Belastung ungefähr in Höhe von einem ½ Punkt der Kreisumlage entsprechen.

 

Hinterfragt werden müsse auch, wer den größten Nutzen aus der Realisierung des Projekts StUB ziehen werde. Dies seien die beiden Großstädte Nürnberg und Erlangen. Der bisher diskutierte Verteilungsschlüssel (Nürnberg 7 %, Landkreis Erlangen-Höchstadt 36 %, Stadt Erlangen 57 %) berücksichtige dies nicht angemessen. Es müsse deshalb gefordert werden, den Anteil der Stadt Nürnberg mit einer Änderung des Verteilungsschlüssels, hin zu einem Mischsystem, maßgeblich zu erhöhen.

 

Für alle genannten Maßnahmen fordert Landrat Irlinger eine deutliche und nachdrückliche Unterstützung durch alle Abgeordneten und den Bayerischen Staatsminister des Innern, der bisher stets für die Realisierung der Stadt-Umland-Bahn eingetreten ist. Aus diesem Grund sei geplant, alle Abgeordneten zu einem gemeinsamen Gespräch einzuladen.

 

Landrat Irlinger macht weiterhin deutlich, dass auch von den direkt von der StUB profitierenden Nutzerorten im  Landkreis ein finanzieller Beitrag erwartet werde. Dies betreffe die Gemeinden Uttenreuth, Buckenhof und Spardorf im Osten ebenso wie die Stadt Herzogenaurach im Westen. Die Stadt Herzogenaurach habe bereits angekündigt, mit einem einmaligen Betrag in Höhe von 10 Mio. € die Realisierung der StUB zu unterstützen. Dies reiche jedoch noch nicht aus.

 

Von Seiten der großen Firmen gebe es zwar Briefe mit einem deutlichen Ja zur StUB, gleichzeitig werde jedoch die Förderung des ganzheitlichen Verkehrs betont. Dieser betreffe sowohl Bus- als auch Individualverkehr, dieser meist verbunden mit kostenloser Parkraumbewirtschaftung. Ein Signal in Richtung finanzieller Beteiligung an der StUB gebe es von den großen Wirtschaftsunternehmen, die sich für deren Bau ausgesprochen haben, jedoch nicht.

 

Landrat Irlinger erklärt, die Zeit bis September solle genutzt werden, um die aufgezeigten Sachverhalte zu klären. Dann könne in der Sitzung des Kreistages am 21. September ein Beschluss gefasst werden, einen Antrag auf Förderung nach dem GVFG-Bundesprogramm zu stellen. Aufgrund der Bedeutung der Angelegenheit solle die Beratung und Beschlussfassung hierzu ausschließlich im Kreistag stattfinden.

 

Zu Beginn der anschließenden Beratung teilt Kreisrat Dr. Hacker in seiner Funktion als Bürgermeister der Stadt Herzogenaurach mit, dass der Stadtrat der Stadt Herzogenaurach in seiner gestrigen Sitzung, wie bereits angekündigt, eine finanzielle Beteiligung der Stadt Herzogenaurach an dem Projekt StUB in Höhe von 10 Mio. € beschlossen hat. Beabsichtigt ist, für Planungsleistungen bereits im kommenden Jahr 3 Mio. € bereit zu stellen. Mit dieser Entscheidung stelle die Stadt Herzogenaurach im nächsten Jahr die Planungskosten zur Verfügung und trage das damit verbundene Risiko, falls die StUB trotz vorliegender Planung nicht realisiert werde. Die übrigen 7 Mio. € sind als Investitionskosten für den Bau vorgesehen. Die Stadt Herzogenaurach übernehme damit einen zusätzlich zur Kreisumlage bedeutenden und absolut ausreichenden Beitrag zur Realisierung der StUB. Im Weiteren betont Kreisrat Dr. Hacker die StUB müsse mit ihrer Bedeutung für die gesamte Region gesehen werden. Diese profitiere insgesamt mit den vielfältigen Verflechtungen zwischen den Kommunen. Der Landkreis ziehe insgesamt und nicht nur einzelne Orte, einen Nutzen aus diesem bedeutenden Nahverkehrsprojekt. Aus diesem Grund sollte keine Differenzierung mit der Begrifflichkeit Nutzerort erfolgen.

 

Landrat Irlinger reagiert hierauf und erklärt, die Formulierung Nutzerort komme aus der Fachdiskussion und werde auch dort entsprechend verwendet. Natürlich habe der Landkreis insgesamt beispielsweise einen ökologischen Nutzen, trotzdem müsse jedem klar sein, dass die StUB für lange Zeit nur wenige Orte tatsächlich anfahren würde und dies bedeute für manche finanziell knapp gestellte Kommune eine einschneidende zusätzliche Belastung, ohne dass diese einen direkten Bezug zur StUB haben müsse. Eine Klärung von Entlastungsmöglichkeiten sei deshalb wichtig und maßgeblich, damit das Gesamtprojekt für möglichst viele Kommunen als verkraftbar und angemessen gelten kann.

 

In der weiteren Diskussion erläutern die einzelnen Fraktionsvorsitzenden die Position ihrer Fraktion zur StUB. Zusammengefasst wird vorgetragen, dass Grundlage und Voraussetzung allen wirtschaftlichen Erfolges das Vorhandensein einer gut ausgebauten und funktionierenden Infrastruktur sei. Auch die prognostizierte künftige Bevölkerungsentwicklung verlange angemessene und darauf ausgerichtete Nahverkehrssysteme. Aus diesem Grund wird überwiegend die von Landrat Irlinger vorgetragene Vorgehensweise begrüßt und betont, es solle die Zeit bis September genutzt werden, um die noch offenen Fragen zu klären und durch weitere Entlastungsmöglichkeiten ein akzeptables finanzierbares „Ja“ zur StUB aufzuzeigen. Kreisrat Brehm weist darauf hin, dass möglicherweise auch über die Gewährung eines besonders zinsgünstigen Darlehens z. B. von der KfW oder LfA die Finanzierungsparameter nachhaltig verbessert werden könnten.

 

Lediglich die Fraktionsvorsitzende der FDP-Kreistagsfraktion positioniert sich klar gegen das Projekt StUB. Mit diesem stoße der Landkreis definitiv an seine Grenzen. Die Möglichkeit über weitere Verhandlungen noch maßgebliche Entlastungen zu erreichen, werden als nicht erfolgversprechend eingestuft. Kreisrat Rohde ergänzt, es werde die Diskussion einer Alternative vermisst. Diese biete sich mit dem Regional Optimierten Busnetz (RoBus). Bei Abwägung von Kosten und Nutzen koste die Alternative RoBus weniger Geld, binde die Gemeinden besser an das Nahverkehrssystem an und sei insgesamt ein flexibleres System.

 

Landrat Irlinger schlägt die Schließung der Rednerliste nach der Wortmeldung von Kreisrat Fischkal vor. Die Mitglieder des Kreistages sind damit einverstanden.

 

Kreisrat Fischkal betont, auch in seiner Funktion als Bürgermeister der Gemeinde Adelsdorf, entscheidend sei ein angemessenes Finanzierungskonzept, das die Leistungsfähigkeit der Gemeinden berücksichtigt.

 

 

 


Der Kreistag fasst folgenden Beschluss:

 

1.      Der Kreistag nimmt den Bericht zur Kenntnis.

 

2.      Der Kreistag sieht in der StUB einen bedeutenden Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme im Großraum Nürnberg, Erlangen und Erlangen-Höchstadt.

 

3.      Eine konkrete Beschlussfassung über die Antragstellung zum GVFG-Bundesprogramm ist aufgrund noch zu klärender Sachverhalte noch nicht möglich. Die Verwaltung wird beauftragt, im Benehmen mit den Beteiligten eine Klärung dieser offenen Sachverhalte (insbesondere Kostenbeteiligungen der einzelnen Gebietskörperschaften) hinzuwirken und dem Kreistag zeitgerecht zur Entscheidung vorzulegen.

 

4.      Im Einzelnen werden der Landrat und die Verwaltung beauftragt:

 

a)      über das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr, Infrastruktur und Technologie eine Prüfung zu veranlassen, inwieweit bzw. unter welchen Maßgaben die bislang von Intraplan als nicht förderfähig eingestuften Trassenteile dennoch in den Genuss einer vollen GVFG- und FAG-Förderung gelangen zu können.

 

b)      mit den beteiligten Gebietskörperschaften mit dem Ziel einer Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zu verhandeln.

 

c)      auf eine stärkere Beteiligung der Nutzerorte Uttenreuth, Buckenhof, Spardorf und Herzogenaurach hinzuwirken.

 

d)      mit den betroffenen Abgeordneten ein Gespräch zu führen und um nachdrückliche und klare Unterstützung, insbesondere gegenüber der Landesregierung und den Ministerien, zu drängen.

 

e)      mit den zuständigen Staatsministern, die Möglichkeiten für die Gewährung von besonders zinsgünstigen Darlehen zu klären.