Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 14, Nein: 0, Anwesend: 14

Die Mitglieder des Schulausschusses haben zu diesem Tagesordnungspunkt eine ausführliche Sitzungsvorlage mit den Anträgen der CSU-Kreistagsfraktion vom 16.11.2011 und der SPD-Kreistagsfraktion vom 30.12.2011 erhalten.

 

Landrat Irlinger erläutert nochmals den Inhalt der vorliegenden Anträge und schlägt vor, die Thematik nach dem Statement von Ministerialbeauftragten Bosch eingehend zu beraten und ein erneutes Gespräch beim Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu vereinbaren mit dem Ziel, dort einen Antrag auf Genehmigung einer beruflichen Oberschule im Landkreis zu stellen. Die endgültige Abstimmung über die Anträge könne seiner Ansicht nach bis dahin zurückgestellt werden.

 

Die Mitglieder des Schulausschusses zeigen sich mit dem Verfahrensvorschlag von Landrat Irlinger einverstanden.

 

Ministerialbeauftragter Bosch erläutert in seinem Vortrag die jetzt bestehenden vielfältigen Möglichkeiten zum Erwerb der Hochschulreife auf der Grundlage eines mittleren Bildungsabschlusses, die bayernweit geltenden Voraussetzungen für die Neuerrichtung einer Fachoberschule und die besondere Situation im Bereich Erlangen.

 

Grundsätzlich werde für die Gründung einer neuen staatlichen Fachoberschule ein ausreichend großes Schülerpotential vorausgesetzt, um mindestens eine Zweizügigkeit der neuen Fachoberschule in zwei Fachrichtungen zu erreichen. Zudem dürften vorhandene benachbarte Schulen in ihrem zweizügigen Bestand nicht gefährdet werden.

 

Für den Bereich Erlangen und Erlangen-Höchstadt mit einer Schule in Erlangen und Herzogenaurach wäre demnach eine Verdoppelung der jetzigen Schülerzahlen erforderlich. Dies sei auch bei steigenden Übertrittsquoten seiner Ansicht nach nicht zu erreichen. MB Bosch verweist hierzu auf die vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung veröffentlichte regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2030. Demnach sinke der Bevölkerungsstand der Personen zwischen 16 und 19 Jahren auch im Landkreis Erlangen-Höchstadt bis zum Jahr 2020 kontinuierlich. Tatsächlich kämen derzeit 115 Schülerinnen und Schüler aus dem Bereich Herzogenaurach in die Fachoberschule in Erlangen. Diese würden das hauptsächliche Schülerpotential einer neuen Fachoberschule in Herzogenaurach bilden. Eine signifikante Steigerung des möglichen Schülerpotentials sei nicht zu erwarten, da nach Ansicht von MB Bosch Absolventen der Realschule Höchstadt a. d. Aisch eher die private Fachoberschule in Höchstadt a. d. Aisch oder die Fachoberschule in Erlangen wählen würden. Insgesamt müsse davon ausgegangen werden, dass zunehmend für die Fachoberschule geeignete Schülerinnen und Schüler die guten und vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten in der Region nutzen und damit das Schülerpotential der Fachoberschulen generell an seine Grenzen stoßen wird. Bereits im letzten Schuljahr verzeichnete die Fachoberschule Erlangen in den Eintrittsklassen einen Anmeldungsrückgang um 9,8 %. Die Gesamtschülerzahl konnte zwar über Zuwächse im Bereich der höheren Klassen gehalten werden, trotzdem sei ein gewisser Trend bereits jetzt erkennbar.

Für zwei unabhängige Fachoberschulen in Erlangen und Herzogenaurach sei gemessen an den staatlichen Mindestvoraussetzungen kein ausreichendes Schülerpotential vorhanden. Vergleichbare Situationen bestünden im Bereich der Landkreise Fürth, Neustadt a. d. Aisch und in Aschaffenburg. Auch dort habe der Landkreis hohe Gastschulbeiträge bezahlt, bei nicht ausreichend hohen Schülerzahlen für die Gründung einer eigenen Fachoberschule. Aus diesem Grund wurde dort für den Betrieb einer gemeinsamen Fachoberschule ein Zweckverband gegründet. Dies wäre grundsätzlich auch für eine gemeinsame Fachoberschule in Erlangen ein denkbares Modell. 

 

Landrat Irlinger fragt, ob die Fachoberschule in Aschaffenburg Dependancen im Landkreis habe. MB Bosch verneint dies.

 

Landrat Irlinger äußert nochmals seine Überzeugung, dass die Schülerzahlen für die Gründung einer Fachoberschule ausreichen würden. Der Trend bei den Realschülern zu einem Übertritt in die Fachoberschule sei größer als vom Ministerium angenommen und erreiche eine Quote von 40 %. An MB Bosch gerichtet fragt Landrat Irlinger, ob es eine Möglichkeit gebe, eine Probeeinschreibung durchzuführen.

 

MB Bosch entgegnet, dass das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus über die Durchführung von Probeeinschreibungen entscheidet.

 

In mehreren Wortbeiträgen wird von den Vertretern aller Kreistagsfraktionen übereinstimmend die Meinung vertreten, dass die Neugründung einer Fachoberschule im Landkreis wichtig und auch unter den staatlichen Voraus-setzungen realisierbar sei. Nicht akzeptiert wird im Wesentlichen der Vortrag von MB Bosch zum nicht ausreichenden Schülerpotential. Dieses setze sich aus den Schülerinnen und Schülern aus Herzogenaurach selbst aber durchaus auch aus denen, aus dem Einzugsbereich der Realschule Höchstadt a. d. Aisch sowie aus den benachbarten Bereichen der Landkreise Neustadt a. d. Aisch/Bad Windsheim sowie Fürth zusammen. Darüber hinaus handle es sich bei der Stadt Herzogenaurach um eine Stadt mit einer hohen Einwohnerzuwachsrate. Es könne auch davon ausgegangen werden, dass bei einer lokal vorhandenen Fachoberschule die Übertrittsquoten sicherlich noch höher sein würden. Diese lägen tatsächlich ohnehin bei ca. 40 % statt der vom Bayer. Staatsministerium für Unterricht und Kultus angenommenen 30 %. Nachdrücklich betont wird darüber hinaus, dass alles unternommen werden müsse, um ein vielfältiges und durchgängiges Schulsystem im Landkreis anbieten zu können. Nicht nur große international tätige Firmen sondern die gesamte heimische Wirtschaft benötigt diesbezüglich auch weiterhin ein hohes Engagement, um ausreichend Fachkräfte vor Ort zu binden und für deren notwendige Abschlüsse entsprechende Chancen und Möglichkeiten zu schaffen.

 

Die Gründung eines Zweckverbandes, um die Fachoberschule mit der Stadt Erlangen gemeinsam zu betreiben und zu finanzieren, könne allenfalls dann in Betracht gezogen werden, falls sich dies als sog. „win-win-Situation“ erweisen würde.

 

Dies hält MB Bosch für vorstellbar im Hinblick auf die fachpraktische Ausbildung. Dependancen hingegen seien nur als Übergangslösung denkbar und würden auch nur als solche genehmigt. Zum Schülerpotential bekräftigt MB Bosch abschließend nochmals seine bereits gemachten Aussagen. Fakt sei, dass die Geburtenzahlen sinken und nicht steigen. Weiterhin gehe er davon aus, dass das Bayer. Landesamt bei der vorliegenden regionalisierten Prognose zur Bevölkerungsentwicklung Zuzüge und Wegzüge bereits berücksichtigt hat. Auch für steigende Übertrittsquoten hin zur Fachoberschule gebe es keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil, die guten betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten und die hohen Übertrittsquoten in den Gymnasialbereich ließen diesen Schluss nicht zu. Auch für die Fachoberschule Erlangen sei bereits ein leichter Rückgang der Schülerzahlen zu vermerken.

 

Landrat Irlinger äußert nochmals, er teile die negative Beurteilung der Notwendigkeit einer Fachoberschule durch den Ministerialbeauftragten Bosch, insbesondere die Prognose zum Schülerpotential, nicht. Die tatsächliche Situation könne wohl nur über eine Probeeinschreibung festgestellt werden. Er sei daher bereit, die im heutigen Schulausschuss auch in den Wortbeiträgen geäußerte Forderung auf Errichtung einer staatlichen Fachoberschule nochmals in München beim Bayer. Staatsministerium für Unterricht und Kultus in einem Gespräch vorzutragen.

 

Dies wird von den Mitgliedern des Schulausschusses übereinstimmend begrüßt und vorgeschlagen, die weitere Diskussion und Entscheidung über eine mögliche kommunale Fachoberschule vorerst zurückzustellen. Die finanziellen Auswirkungen einer kommunalen Fachoberschule wären für den Landkreis erheblich und nach Ansicht von Kreisrat Glässer weder dem Landkreis noch dessen Kommunen zumutbar. MB Bosch bestätigt auf Nachfrage von Landrat Irlinger, die Gründung einer kommunalen Fachoberschule sei anzeigepflichtig und unabhängig von der Schülerzahl. Es müssten jedoch die Mindestanforderungen hinsichtlich der Qualifikation des Lehrpersonals und dem Bestand geeigneter Räume und Lehrmittel erfüllt werden.

 

Landrat Irlinger bedankt sich bei MB Bosch für dessen Bereitschaft an der Sitzung des Schulausschusses teilzunehmen und lässt anschließend über folgenden Beschlussvorschlag abstimmen:

 

 


Der Schulausschuss fasst folgenden Beschluss:

 

Der Schulausschuss bekräftigt die Forderung auf Errichtung einer staatlichen Fachoberschule/Berufsoberschule im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Der Landrat wird beauftragt, in Gesprächen beim Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus erneut einen Antrag auf Genehmigung zu stellen.